Spuren

Da der Deckel des Recorders in der Streuwiese abgerissen war, montiere ich eine Wildkamera am selben Baum. Eigentlich können es nur Menschen oder Waschbären gewesen sein – Letztere haben das auch in einem anderen Projekt im Spreepark in Berlin geschafft. Eine weitere Kamera installiere ich im Moor. Dieser Standort ist meist so still, dass ich beim Abhören im Studio lauter drehen muss, um zu überprüfen, ob etwas aufgenommen wurde. Da nimmt es mich wunder, ob überhaupt Tiere in der Nähe des Recorders unterwegs sind.

Obwohl der Schneefall gestern schnell wieder aufgehört hat, sind immer noch weiße Flecken über das Moor verteilt, und auf ihnen finden sich einige Spuren der Bewohner oder Durchquerenden des Moors: Hirsche, Rehe, Füchse und kleinere Tiere haben ihre Trittsiegel und Losung hinterlassen.

Was mir bereits im September aufgefallen ist: Am Rand des Moors sind einige Spirken frisch abgestorben – sie haben durch Schädlingsbefall bereits Teile der Rinde verloren. Das Moor scheint dieses oder letztes Jahr an den Rändern trockengefallen zu sein. Die Spirken allgemein im Moor sehen nicht sehr gesund aus – sie sind stark ausgelichtet, einzelne Äste bereits abgestorben. Das kann aber auch andere Ursachen als Trockenheit und damit verbundene Schwächung der Abwehrkräfte der Bäume haben – womöglich sind hier auch noch Schadstoffe im Spiel? Oder sind Bereiche des Moors bereits seit langem einem stark schwankendem Wasserspiegel ausgesetzt?

Da die Meetings auch heute wieder länger dauern, liegt nur noch die Wartung des Geräts beim Permakultur-Garten drin, bevor es wieder dunkel wird. Ich versuche vor Ort mit meiner Action-Cam noch Fotos im Innern eines hohlen Baums zu machen: Darin befand sich in den letzten Monaten ein Hornissennest. Auf dem Bild sind aber keine Spuren des Nests zu sehen – womöglich wurde es entfernt oder von Tieren gefressen.

Neben dem Zaun des Gartens deuten die vielen, tiefen Trittspuren im Schlamm darauf hin, dass die Heckrinder nun auch hier durchziehen und ich bin froh, dass von ihnen gerade nichts zu sehen ist. Im September wurde es kurz brenzlig auf der Weide im Haselbachtal: Die Leitkuh war von unserem Besuch wenig angetan und jagte uns mit Unterstützung des Stiers von der Weide.

Der Recorder beim Permakultur-Garten hat nur eine 32 GB-Karte drin und die ist längst voll, er hat bereits im Dezember aufgehört aufzuzeichnen. Der Recorder im Moor wurde gar nicht gewartet in den letzten Monaten – womöglich hatte ihn die beauftragte Person gar nicht erst gefunden.

Beim Anhören der Aufnahmen am Abend fällt mir auch Verkehrslärm im Moor auf. Auch da sind die Geräusche einer größeren Straße zu hören – wohl wegen dem fehlenden Laub am Unterwuchs im Wald. Schade natürlich, aber genau so strukturiert sich die Wirklichkeit der Soundscape hier wie auch an den meisten anderen Orten im alpinen Raum. Der Verkehr ist in vielen meiner Aufnahmen omnipräsent.

Nun nehme ich bereits seit bald über zwei Jahren die Soundscape von Nantesbuch auf und beginne eine Vorstellung davon zu bekommen, wie die Geräusche dieser Landschaft sich durch die Jahreszeiten und Jahre verändern. Mir wird bewusst, wie ungemein spannend das Gebiet der Voralpen ökoakustisch ist: Dieser Raum wird sich im Zuge der Klimaerwärmung radikal verändern. Bisher verwöhnt durch kühle und feuchte Bedingungen mit viel verfügbarem Wasser, wird die immer stärker zutage tretende Trockenheit ihre Spuren in der Vegetation und der Fauna und somit in der Soundscape hinterlassen, ganz abgesehen vom Verkehr, der, so erzählt es mir der Fahrer der Stiftung, der in Bad Tölz wohnt, in der Pandemie stark zugenommen hat, weil viel mehr Leute in die Berge fahren. Besonders im Winter zum Skifahren.

Das Wasser zieht beim heutigen Besuch meine Aufmerksamkeit auf sich: Ich habe eine Unterwasserkamera mitgebracht und fotografiere in Tümpeln und Bächen. Mich interessiert dabei, welches ästhetische Potential in den Bildern zu finden ist – man sieht unter Wasser nicht weit, es liegt viel sich zersetzendes organisches Material im Wasser, dieses ist von den Huminstoffen stark braun gefärbt.